Neues Lebensmittel-Kennzeichnungsrecht

Neues Lebensmittel-Kennzeichnungsrecht

Lebensmittelkennzeichnung – völlig neue Pflichten für Gastronomen und online-Händler

Ab Mitte Dezember gelten neue Vorschriften für die Lebensmittelkennzeichung. Mehr Information für Verbraucher ist das Ziel der entsprechenden europarechtlichen Grundlage, der sog. Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), die ab dem 13. Dezember 2014 eine europaweit einheitliche Lebensmittelkennzeichnung vorschreibt. Auf eine nationale Umsetzung warten die deutschen Unternehmen dabei bislang vergeblich. Nicht vor März 2015, so der aktuelle Stand, ist mit dem Inkrafttreten der Lebensmittelinformationsdurchführungsverordnung (LMIDV) zu rechnen.

Während die Nährwert-Kennzeichnungsregelungen der europäischen Verordnung erst ab 2016 für alle verbindlich werden, gelten andere Vorschriften aus der europäischen Verordnung sofort. So ist der neue Rechtsrahmen für die Lebensmittelkennzeichung derzeit vor allem wegen eines praktisch wichtigen Aspekts in Fachkreisen in starker Diskussion – und zwar der Allergenkennzeichnung. Neu ist nämlich, dass nun auch die sog. lose Ware, also unverpackte Lebensmittel, Verbrauchern deutliche Hinweise auf Allergien auslösende Stoffe liefern muss.

Damit kommen viele tausend Mittelständler verschiedener Branchen in Deutschland erstmals mit den detaillierten und komplexen Rechtsfragen der Lebensmittelkennzeichnung in Berührung, wie sie bislang meist nur die Großindustrie betrafen. Bäckereien und Metzgereien, landwirtschaftliche Hofläden und andere kleinere Lebensmittelproduzenten sind den neuen Regelungen ebenso unterworfen wie Handelsbetriebe, etwa onlineshops, da neue Fernabsatz-Regeln gelten und nicht zuletzt im besonderen Gastronomie- und Hotellerie-Betriebe.

Fachleute bemängeln am teils schwierig formulierten europäischen Verordnungstext, dass er ohne Hinzuziehung lebensmittelrechtlicher Expertise kaum richtig auszulegen und für die praktische Handhabung im Alltag zu greifen sei.

Gastronomie- und Hotelbetriebe benötigen schriftliche Allergenhinweise

Vor allem die neue Allergenkennzeichnung für lose Ware birgt Herausforderungen für den Bereich der Gastronomie und Hotellerie. Nicht zuletzt wegen noch immer fehlender nationaler Durchführungsregelungen ist eine Allergenkennzeichnung in verschiedener Weise denkbar. Die Kennzeichungspflicht erfasst nicht zwingend die Speisekarten. Es kann auch auf auf einen Produktinfo-Ordner verwiesen werden oder ein Aushang an zentraler Stelle erfolgen. Zu warnen ist jedoch davor, den Gast als Verbraucher darauf verweisen zu wollen, dass er beim Personal nachfragen könne. Dies lassen die Neuregelungen nicht zu. Denn die Information muss für den Gast in jedem Fall leicht zugänglich sein. Schon „versteckte“ Aushänge weit ab vom Eingangsbereich können in diesem Zusammenhang kritisch werden.

Es muss zudem darauf geachtet werden, dass die nötige Information stets auch vollständig schriftlich bereitgehalten wird. Die mündliche Ausnahmemöglichkeit, die die nationale Durchführungsverordnung im – von Lebensmittelrechtlern jedoch ohenhin teils als unpraktikabel kritisierten – Entwurf vorsieht, ist, wie beschrieben, noch nicht in Kraft. Den Produzenten loser Lebensmittel ist im einzelnen für ihre alltägliche Praxis zu raten, auf genaue Rezepturen zu achten, Rohstoffe möglichst wenig auszutauschen und einzelne Spezifikationen bei ihren Lieferanten anzufordern. Entsprechende Schulungen des Personals können zudem helfen, den Betrieb schnell auf die Neuerungen umzustellen.

Lebensmittelrechts-Experten empfehlen den Betrieben mittelfristig ein regelrechtes Allergenmanagement. Demnach sollen Allergene bereits bei der Erstellung von Rezepturen berücksichtigt werden und bei der Warenannahme bereits eine Dokumentation der Allergene erfolgen. In größeren Betrieben kann ein Allergenbeauftragter für den nötigen Überblick sorgen.

Neues gilt auch für den den Internet- und Kataloghandel mit Lebensmitteln

Der Vertrieb von Lebensmitteln über onlineshops im Intenet oder über Kataloge ist ebenfalls von den neuen Regelungen der europäischen LMIV betroffen. Denn Händler müssen ihren Kunden bereits vor Kaufvertragsschluss bestimmte Informationen wie Zutatenverzeichnisse oder Mengenangaben auf den Internetseiten bzw in den Katalogen zur Verfügung stellen. Die Angaben im Netz und in Katalogen müssen zudem identisch mit denen auf Verpackungen sein. Viele regionale Shops sind mit derartigen Vorschriften erstmalig konfrontiert und können bei Missachtung schnell ins Visier größerer Wettbewerber oder von Aufsichtsbehörden geraten. Eine grundlegende Überarbeitung der eigenen Homepage oder des Katalogmaterials ist in vielen Fällen daher in den nächsten Wochen dringend geboten.

Fazit

Allen vom neuen  Kennzeichungsrecht betroffenen Betrieben ist zu raten, zeitnah ihr Werbematerial und alle Produktinformationen zu überprüfen und ggf- zu überarbeiten. Es ist zu überlegen, dabei gleich entsprechendes Allergenmanagement zu etablieren. Die Betriebe sollten nicht auf das Inkrafttreten einer nationalen Verordnung oder bis zur Verschärfung von Kontrollen und Sanktionierungsregelungen warten. Neben Behördenkontrollen können es auch Wettbewerber oder Verbraucher, teils auch über Schutzverbände sein, die die Einhaltung der vorgeschriebenen Lebensmittelkennzeichnung auf den Prüfstand bringen. Dabei kann es bsiweilen zu behördlichen und gerichtlichen Verfahren mit nicht geringem Kostenaufwand kommen.